Artikel-Schlagworte: „Ausgabe 6“
als ReLü vor knapp drei Jahren an den Start ging, bestand das Team aus zehn engagierten Studentinnen und einer Dozentin des Studiengangs Literaturübersetzen, die es sich zum Ziel gesetzt hatten, die Arbeit der literarischen Übersetzer stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Heute kann ReLÜ bereits auf sechs erfolgreiche Ausgaben zurückblicken:
Was passiert, wenn man jemanden zu Tode liebt? Wenn ein einziger Tag alles verändert? Wenn „das Undenkbare denkbar und das Unmögliche möglich gemacht” wird? Der preisgekrönte Roman „Der Gott der kleinen Dinge“ geht diesen Fragen nach. Arundhati Roy erzählt die verworrene, dunkle Geschichte einer indischen Familie lebendig und liebevoll. Manchmal mit rührend viel Gefühl, an anderen Stellen mit verstörender Grausamkeit. Ihre Sprache ist voller Magie, Bilder und Allegorien. Eine schwierige Aufgabe für die Übersetzerin, die aber von Anette Grube meisterhaft gelöst wurde.
„Keine Sorge, mir geht’s gut“ - viel mehr steht nicht auf den Postkarten, die seit fast zwei Jahren für Lili das einzige Lebenszeichen von ihrem scheinbar spurlos verschwundenen Bruder Loïc darstellen. Lili beschließt, sich auf die Suche nach ihm zu begeben - eine folgenschwere Entscheidung, die sie zu einem ebenso traurigen wie schönen Familiengeheimnis führen wird. Zu den Besonderheiten von Olivier Adams in Frankreich euphorisch aufgenommenem und erst kürzlich verfilmtem Erstlingswerk zählt sein minimalistischer Stil - eine besondere Herausforderung für die Übersetzung.
Mit seinem meisterhaften Erstlingswerk House of Leaves scheint Mark Z. Danielewski den Roman neu erfunden zu haben. Er schöpft aus dem Vollen formaler und erzähltechnischer Möglichkeiten, wie es nur die wenigsten Autoren vor ihm getan haben, und schafft es auf diese Weise, den Leser ganz und gar in dem Labyrinth dieses mystischen Hauses und seiner Rätselhaftigkeit verschwinden zu lassen. Mit ihrer virtuosen Übersetzung hat Christa Schuenke es geschafft, dieses sprachliche Ungeheuer zu bewältigen, ohne es in seiner Mannigfaltigkeit zu beschneiden.
Simon Nardis steht vor der Wahl: Soll er bei seiner Familie bleiben und seinen Ingenieurberuf weiter ausüben oder soll er sich der Clubbesitzerin Debbie Parker zuwenden und sich als Jazzpianist wieder ganz der Musik widmen, die er zehn Jahre zuvor aufgegeben hat? Die Entscheidung fällt unerwartet in Christian Gaillys Roman, in dem die Musik nicht nur inhaltlich eine große Rolle spielt.
Die wahre Geschichte des Zusammenbruchs eines Unternehmens, minutiös an den Tatsachen orientiert und dazu spannend wie ein Thriller. Aber was passiert, wenn ein Meisterwerk der amerikanischen Wirtschaftsliteratur von drei Übersetzern übertragen wird? Lesen Sie, welche Bilanz für das Trio gezogen wird.
Keith Ridgways „Normalzeit“ ist eine schöne Sammlung irritierend anderer Kurzgeschichten – sie berichten von Zweifeln, Visionen, von Grenzgängen und merkwürdigen Zufällen und decken die Makel menschlichen Verhaltens auf, ohne zu moralisieren. Es sind Geschichten, in denen Vernunft keine Rolle spielt.
„Jeder von uns ist die Liebe im Leben eines anderen“. Der Eröffnungssatz ist wohl zugleich der am häufigsten zitierte Satz aus Andrew Sean Greers Roman und das aus gutem Grund: Beinhaltet er doch schon die ganze tragische Geschichte von Max Tivolis lebenslanger Liebe zu Alice. Einer Liebe, die unerfüllt bleiben muss, da Max unter einer seltenen Krankheit leidet: Er lebt rückwärts… Eine erstaunliche, anrührende Geschichte in einer durchaus lesenswerten Übersetzung, die bedauerlicherweise manchmal hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt.